Der Frühling ist für viele Fotografen die Gelegenheit, endlich wieder ihrem Hobby frönen zu können, ohne sich dick einmummeln und sich über tristes Grau in Grau ärgern zu müssen. Hier kommen die ersten 15 von 30 Tipps für Fotospaß im Frühling!
Tipp 1 Auch wenn sie nicht im eigenen Garten zu finden sind, sondern als Bund beim Gärtner oder im Supermarkt gekauft werden, gehören Tulpen zu den ersten Boten des nahenden Frühlings. Das sichert ihnen die Aufmerksamkeit von Hobbyfotografen – ganz abgesehen davon, dass Tulpen einfach schön aussehen.

Tulpen sind als Frühlingsboten ein willkommenes Motiv nach dem tristen Winter. Für den weißen Hintergrund kann eine angeleuchtete Styroporplatte sorgen.
Foto: Herbert Kaspar
Das gilt nicht nur für frische Tulpen in der Vase. Auch wenn sie schon länger stehen, die Köpfe absinken und wenn sie schließlich trocknen, sind sie faszinierende Motive. Das heißt: die Anschaffung von einem oder zwei Bund Tulpen ist für jeden Hobbyfotografen eine gute Investition, und Geduld hilft dann, dieses eine Motiv in vielen unterschiedlichen Bildern festzuhalten.
(Nebenbei bemerkt: Tulpen gehören zu meinen Lieblingsblumen und die Titelbilder der 1er Hefte, die ja immer im Februar/März im Handel sind, zeigten in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 immer Tulpen – und 2017 nun auch wieder! Von daher ist es vielleicht nicht so verwunderlich, wenn hier viele Tulpenbilder auftauchen!)
Tipp 2 Tulpen sind ein schönes Motiv, aber immer wieder entstehen Bilder, die nicht wirken. Der Grund dafür ist dann oft die falsche Beleuchtung. Im Auflicht, wenn sich also die Lichtquelle hinter dem Fotografen befindet, sehen Tulpen oft wächsern aus. Es ist daher besser, sie bei seitlich einfallendem Licht oder Gegenlicht aufzunehmen. (Dass diese Ausleuchtung bei Aufnahmen von Blumen oder Blüten generell nie verkehrt ist, darauf kommen wir später noch einmal zu sprechen.)

Der Blick nach oben zeigt die Blüte vor dem blauen Himmel und nicht im Gewimmel anderer Blüten oder Zweige.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 3 Besonders Blüten an Büschen oder Bäumen kommen gut ins Bild, wenn der Hintergrund gleichmäßig ist und sie nicht mit Ästen, Zweigen und anderen Blüten im Hintergrund konkurrieren müssen. Ein Weg, für diesen Hintergrund zu sorgen, ist, einen Standort zu suchen, der den Himmel als Hintergrund ins Bild bringt. Dafür kann es dann nötig sein, steil nach oben zu fotografieren, was durch Live-View und einen beweglich gelagerten Monitor einfacher wird. In der Regel wird ein blauer Himmel als optimal empfunden. Aber auch ein weißer Himmel, der ansonsten von Fotografen eher gefürchtet wird, kann praktisch sein, vor allem, wenn man das Motiv durch eine etwas reichlichere Belichtung „leicht und duftig“ ins Bild bringt. Andere Wege, Blüten einen guten Auftritt im Bild zu verschaffen, sind die selektive Schärfe (siehe Tipp 8) oder eine Abdunklung des Hintergrunds per Software (siehe Tipp 21).

Bei Aufnahmen zu Hause kann man mit verschiedenen Hintergründen experimentieren. Die weiße Fläche ist der Diffusor vor einer Tageslicht-Fotoleuchte.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 4 Wenn Sie zu Hause einen Frühlingsblumenstrauß aufnehmen, können Sie mit verschiedenen Hintergründen spielen. Eine weiße Styroporplatte sollte weit genug weg stehen, damit die Struktur nicht ins Bild kommt, und wenn sie gesondert angeleuchtet wird, kommt sie weiß und nicht grau ins Bild. Von der schwarzen Pappe im Hintergrund hält man das Licht, das die Blumen anleuchtet, fern, damit sie schwarz ins Bild kommt und die Farben des Straußes hervorhebt. Eine zweite schwarze Pappe leistet hier gute Dienste. Es muss aber nicht weiß oder schwarz sein. Ein jeansblau/weißes Tuch (liegt aus der Batik-Phase mancher Frau noch in irgendeiner Schublade) bringt den Himmel ins Bild, wenn man den Abstand weit genug wählt.
Tipp 5 Auch im schönsten Frühling kann es Tage geben, an denen es regnet, stürmt, schneit oder alles (fast) gleichzeitig passiert. Ein Frühlingsblumenstrauß kann dann als Motiv die Fotografenlaune deutlich verbessern. In vielen Haushalten gibt es Sprühflaschen, mit denen Wäsche vor dem Bügeln angefeuchtet wird. Sprühen Sie damit die Blüten ein, um sie auch als Motiv ein bisschen aufzufrischen. Das Licht aus einer LED-Lampe oder das kurze Aufleuchten eines Blitzes kann die Tröpfchen dann zum Glitzern bringen.

Das Licht fiel durch den Spalt zwischen zwei Jalousien und beleuchtete nur einen Teil des Straußes.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 6 Wer sagt denn, dass ein Blumenstrauß ganz ausgeleuchtet werden muss. Um eine einzelne Blüte oder eine kleine Auswahl ins Licht zu setzen, kann man an einem sonnigen Tag die Jalousie oder die Vorhänge so schließen, dass ein Lichtstreifen entsteht, in dem man den Strauß dann passend platziert. Weniger abhängig von den „Umweltbedingungen“ ist man, wenn man zwei dunkle, aber durchscheinende Pappen oder Stoffe und eine Leuchte nutzt, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Stimmt man die Belichtung auf die Blüten im Licht ab, wird das Umfeld dunkler. In der Bildbearbeitung kann man Lichter und Schatten optimieren, was besonders gut geht, wenn die Aufnahmen im RAW-Format vorliegen.
Tipp 7 Ein ganze Wiese, ein Blumenstrauß, eine Blüte – all das sind Motive, die im Frühling locken. Aber es geht noch ein Stückchen weiter: Teile einer Blüte können mindestens ebenso faszinierend sein. Jetzt schlägt die Stunde der Nahvorsatzlinsen, der Makroobjektive – und der Makrofunktion von Kompakt- oder All-in-One- bzw. Bridgekameras. Einige von ihnen machen Aufnahmen aus einem Abstand von 1 cm ab Frontlinse möglich und davon sollte man im Frühling regen Gebrauch machen. Die Struktur von Blütenblättern im Durch- und Streiflicht ist ein lohnenswertes Motiv, ebenso Blütenstempel oder -fäden – und wenn man Glück hat, bemerkt man auf mancher Nah- oder Makroaufnahme einen kleinen Bewohner / Besucher der Blüte.

Ein tiefer Kamerastandort und die schmale Schärfenzone stellen die einzelne Blüte gut heraus.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 8 Bei vielen Aufnahmen im Frühling – angefangen von der Tulpe, einem Strauß über Blüten an einer Forsythie, die an einem sonnigen Tag in gelben Flammen zu stehen scheint, bis hin zur Hummel – hat man das Problem, dass der Hintergrund, also andere Blumen und Zweige, zu deutlich ins Bild kommt und das Bild unruhig wirkt. Nutzt man die selektive Schärfe, die eine weit offene Blende und eine längere Brennweite bringen, kann man dieses Problem lösen oder verringern. Wenn bei hellem Licht die Blende nicht weit genug geöffnet werden kann, hilft ein Graufilter (ND-Filter, siehe d-pixx 1/2014, Seite 77) weiter.
Tipp 9 Selektive Schärfe muss nicht unbedingt bedeuten, dass eine Blume / Blüte im Vordergrund scharf vor einem unscharfen Hintergrund abgebildet wird. Zwei mögliche Varianten sind: Unscharfe Blüten im Vordergrund leiten den Blick zum scharfen Hauptmotiv oder der unscharfe, aber erkennbare Blumenstrauß bildet den Hintergrund.

Die lange Brennweite von 300 mm [@KB] lässt die Abstände zwischen den Blüten verschwinden.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 10 Natürlich ziehen schöne einzelne Blüten – ob von einer Blume oder an einem Zweig – den Blick auf sich. Aber man sollte „vor lauter Bäumen den Wald nicht übersehen“. Das heißt: Nicht nur nah ran an einzelne Blüten, sondern auch einmal das ganze Beet oder eine ganze Blumenwiese aufnehmen. Dafür muss man nicht unbedingt eine kurze Brennweite einsetzen, sondern man kann auch aus etwas größerer Entfernung eine mittlere oder lange Brennweite wählen, die mit ihrer raffenden Wirkung („Teleperspektive“, siehe d-pixx 4/2013, Seite 88) für eine Massierung der Blüten und einen großartigen Bildeindruck sorgt.

Auch bei diesem Bild kam eine Brennweite von fast 300 mm [@KB] zum Einsatz. Im Gegensatz zum vorigen Bild wird sie hier genutzt, um die Blüten zu isolieren.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 11 Mit langen Brennweiten lassen sich Blumenbeete und -wiesen komprimiert ins Bild bringen. Man kann den engen Bildwinkel aber nutzen, um das Umfeld einer Blüte einzugrenzen, was z. B. bei einem unruhigen Hintergrund wichtig ist. Außerdem bringt die Kombination lange Brennweite plus weit offene Blende plus verhältnismäßig geringer Abstand eine schmale Schärfenzone, die den gewünschten Effekt unterstützt.
Tipp 12 Um eine Blüte – oder auch einmal bunte Plastikostereier – mit satten Farben ins Bild zu bekommen, ist eine Kombination aus Gegenlicht, das die Farbe leuchten lässt, und einer Minuskorrektur der Belichtung angebracht. Die Korrektur sorgt nicht nur für kräftigere Farben, sondern dunkelt, wenn vorhanden, einen dunklen Hintergrund weiter ab und bringt die leuchtende Blüte dadurch noch besser ins Spiel. Dieser Effekt lässt sich aber auch im Nachhinein per Software erzielen, siehe Tipp 21).

Ein kleiner Aufheller genügt oft. Für warmes Licht kann z. B. Goldfolie aus dem Bastelgeschäft sorgen.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 13 Um Schattenpartien bei Aufnahmen von Blumen im Freien aufzuhellen, braucht man keine quadratmetergroßen reflektierenden Flächen, sondern kleine weiße Kartons oder kleine, zusammenfaltbare Aufheller reichen. Styroporplatten, die im Wohnzimmer, in der Studioecke oder auch im Garten gute Dienste leisten, sind wegen ihrer krümeligen Konsistenz für die Fototasche nicht so sehr geeignet.
Tipp 14 Ein Blitzgerät ist keine besonders empfehlenswerte Lichtquelle, wenn es in der Kamera oder auf der Kamera sitzt. Wenn man es trotzdem einmal für Frühlingsbilder nutzen möchte oder muss, weil Blumen im Schatten stehen, hilft es sehr, ansehnliche Bilder zu bekommen, wenn man die Kamerabelichtung und die Blitzbelichtung unabhängig voneinander korrigieren kann. Eine deutliche Minuskorrektur der Belichtung sorgt dafür, dass der Hintergrund recht dunkel ins Bild kommt. Eine gemäßigte Minuskorrektur des Blitzlichtes verhindert die grelle Ausleuchtung der Blumen und schafft natürlicher wirkende Farben. Wenn man zusätzlich eine Streuscheibe nutzt oder ein Papiertaschentuch in geringem Abstand vor den Reflektor hält, wird die Ausleuchtung gleichmäßiger und Schatten fallen angenehm weich aus.

Für Gegenlicht muss man nicht auf den passenden Sonnenstand warten – ein richtig platzierter Blitz ist auch in Ordnung.
Foto: Herbert Kaspar
Tipp 15 Seitlich oder schräg von hinten einfallendes Licht kann Blumen oder Blüten gut ins Bild setzen. Wenn es an passenden natürlichen Lichtquellen fehlt, war ein entfesselt eingesetztes Blitzgerät lange Zeit das Mittel der Wahl. Die Steuerung kann beim entfesselten Blitzen per Kabel erfolgen, aber angenehmer ist es, wenn der eingebaute Kamerablitz durch schwaches Aufleuchten (Blitzlichtkorrektur nach Minus, damit das Licht nicht bildwirksam wird) den externen Blitz zündet und die TTL-Steuerung für die richtige Belichtung sorgt. Ein Blick in die Gebrauchsanweisung der Kamera (der übrigens immer zu empfehlen und keineswegs unmännlich ist) bringt Klarheit, ob die eigene Kamera und der eigene Blitz das können kann und wie vorzugehen ist. Mittlerweile kommt man aber auch ohne externen Blitz zu entsprechenden Ergebnissen.
Tipp 16-30 werden am nächsten Montag, 10. 4. 2017, veröffentlicht!